Angriff auf die Demokratie - Was Europa ändern muss.
Niedersachsen
13.1.21

Angriff auf die Demokratie - Was Europa ändern muss.

Wieder schauen wir CNN im Livestream. Doch diesmal nicht mit dem beflügelnden Gefühl der Hoffnung, wie noch bei den gefühlt endlos andauernden Auszählungen zur Präsidentschaftswahl. Diesmal schauten wir mit Entsetzen auf die sich im Eiltempo überschlagenden Ereignisse gewaltsamer Ausschreitungen im Herzen der amerikanischen Demokratie. 

In uns allen macht sich die Erkenntnis breit, dass dieser gewaltsame Angriff kein weit entferntes Problem der Amerikaner ist. Vielzu nah sind die Bilder von Demonstranten, welche die Reichstagstreppen besetzen, von aufgebrachten Verschwörungstheoretikern, die die Polizei zurückdrängen, vom rechten Mob, der brüllend Absperrungen durchbricht und ungehindert durch Innenstädte zieht.

Auch in Europa haben die Rechten und Populisten die Parlamente erobert. Ein amerikanisches Szenario ist also auch bei uns möglich. An Anheizern und Aufwieglern nach trumpschen Vorbild mangelt es uns nicht. Doch im Gegensatz zu unseren amerikanischen Freunden haben wir einen entscheidenden Vorteil: Wir sind vorgewarnt. Es ist an uns aus dem Vorgewarnt nun ein Vorbereitet zu machen. 

Wir dürfen jedoch die Kritik nicht den Unruhestiftern und destruktiven Kräften überlassen, sondern müssen mit Mut und Optimierungswillen den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen

Viel zu lange haben wir die Kritik an unseren europäischen Institutionen und Prozessen den Rechten überlassen. Doch falschverstandene Rücksichtnahme ist kein Schutz, sondern ein verantwortungsloses Unterlassen. Ähnlich dem Vogelstrauß der bei drohender Gefahr den Kopf in den Sand steckt. Wir dürfen jedoch die Kritik nicht den Unruhestiftern und destruktiven Kräften überlassen, sondern müssen mit Mut und Optimierungswillen den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen und den Wählerinnen und Wählern zeigen,dass wir bereit und in der Lage sind zu handeln. Gute Ideen gibt es genug. Die Schwachstellen wurden wie durch ein Brennglas unter den Belastungen der Corona-Pandemie offengelegt. 

Es wäre jetzt an der Zeit, auch Europa ein verfassungsrechtliches Fundament zu geben. Ein Schild, das uns eint und uns schützt.

Die Einführung eines Rechtsstaatsmechanismus war ein erster wichtiger Schritt. Und so groß die Freude über diesen hart erkämpften Erfolg ist, bleibt er doch nur ein einziger Schritt. Warum nicht jetzt die Siebenmeilenstiefel anziehen und die Großen Dinge in die Hand nehmen? Und auch hier lohnt sich ein Blick in die USA. Seit Beginn der Amtszeit von Donald Trump steht die amerikanische Verfassung wie ein Bollwerk gegen die Lügen, Fake-News und zerstörerischen Alleingänge des noch amtierenden US-Präsidenten. Es wäre jetzt an der Zeit, auch Europa ein verfassungsrechtliches Fundament zu geben. Ein Schild, das uns eint und uns schützt. Über alle Partei- und auch Staatsgrenzen hinweg begreifen wir die Europäische Union längst nicht mehr nur als wirtschaftlichen Zusammenschluss, sondern berufen uns auf gemeinsame Werte. Durch eine gemeinsame europäische Verfassung stärken wir diese Werte und können diese sowohl nach innen als auch nach außen besser vertreten und verteidigen. 

Um keine amerikanischen Verhältnisse zu riskieren müssen wir außerdem unsere Institutionen schlanker, effizienter, demokratischer gestalten. Wir brauchen dringend ein Initiativrecht für das Europäische Parlament, ein Grundpfeiler für eine wehrhafte Demokratie. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind die gewählten Vertreter der europäischen Bürgerinnen und Bürger. Auch in der Europäischen Union sollte alle Macht vom Volke ausgehen.

Aber nicht nur das Europäische Parlament muss gestärkt werden, auch die europäischen Institutionen brauchen eine Aufwertung. Angriffen auf unsere demokratische Grundordnung müssen wir aktiv etwas entgegensetzen können. Extremisten sind in ganz Europa miteinander vernetzt und organisiert. Mit der Aufwertung von Europol zu einem europäischen Kriminalamt bekommen die Ermittlungsbehörden der Mitgliedsstaaten sinnvolle Unterstützung bei Ermittlung, Aufklärung und vor allem auch der Gefahrenabwehr. 

Die Europäische Union muss auch den Schutz und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürgern wahren können.  

In einem demokratischen, sicheren und freien Europa können die Europäerinnen und Europäer zum wichtigsten Schutzwall gegen Demokratiefeinde werden. Die Demokratie ist auf wehrhafte Bürger angewiesen. Die Politik muss die Rahmenbedingungen dafür schaffenund die Bürgerinnen und Bürger dazu ermutigen und ermächtigen.

Wir haben jetzt die Chance das alles in die Wege zu leiten. Bleibt zu hoffen, dass die Staatengemeinschaft auch den Mut hat.

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